Ausgehend von der Beobachtung, dass der Buchwert eines Unternehmens immer weniger Aussagekraft über den tatsächlichen Wert eines Unternehmens hat, wurde begonnen, darüber nachzudenken, wie der Wert eines Unternehmens besser ermittelt und dargestellt werden könnte. Es wurde eine zunehmende Differenz zwischen Marktwert und Buchwert eines Unternehmens beobachtet. Die Differenz zwischen Marktwert und Buchwert wurde als das sogenannte Intellektuelle Kapital definiert und gleichgesetzt mit Intangible Assets, also dem immateriellen Vermögen eines Unternehmens.[1]
Wie ich gezeigt habe, ist der Produktionsfaktor Wissen die Basis für das Intellektuelle Kapital, die Ressource der Zukunft. Dennoch scheint das Intellektuelle Kapital bis dato nicht in den Bilanzen der Unternehmen auf.
Die Bewertung von Wissen ist mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Die beschriebene Kontextabhängigkeit macht es schwierig, objektive Kriterien für die Bestimmung des Wertes von Wissen zu definieren. Wissen, das für ein Unternehmen einen hohen Wert darstellt, ist für andere Unternehmen vielleicht wertlos. Ein Ansatzpunkt für die Bewertung des Wissens könnten die Aufwendungen sein, die für den Aufbau von Wissens verwendet wurden, z. B. Schulungskosten für Mitarbeiter. Aber ob die Schulungsmaßnahmen tatsächlich die gewünschten Ergebnisse, nämlich zusätzlichen Kompetenz der Mitarbeiter, gebracht haben, ist fraglich. Es würde somit also der Input bewertet werden, nicht aber der Output einer Maßnahme.
Die Bewertung von Wissen ist also schwierig, zumal sie, im Gegensatz zur Bewertung der übrigen Produktionsfaktoren, immer in die Zukunft gerichtet sein muss, da Wissen die Basis für zukünftige Wertschöpfung darstellt.
In wissensbasierten Unternehmen stellt das Intellektuelle Kapital einen großen Vermögensbestandteil dar und basiert zu einem erheblichen Teil auf der organisationalen Wissensbasis eines Unternehmens. Die Darstellung des Intellektuellen Kapitals kann also zur Erklärung des Vermögenswertes eines Unternehmens gegenüber Stakeholdern ebenso beitragen wie zum gezielten Management der zentralen Wertschöpfungsressource des Unternehmens, dem Wissen.
Ein umfassender Standard zur Darstellung des Intellektuellen Kapitals ist trotzdem nicht in Sicht. Für Intangible Assets in der Buchhaltung gibt es gesetzliche Vorgaben zur deren Darstellung in der Vermögensbilanz eines Unternehmens. Obwohl wir bereits ausgeführt haben, dass diese Vorschriften die Relevanz des Themas nicht adäquat behandeln, wollen wir hier noch mal eine Zusammenfassung der wichtigsten Regelungen und einen Ausblick auf mögliche künftige Entwicklungen in diesem Bereich geben.
[1] Siehe Kapitel 5.1
Bei der Betrachtung der Darstellung von Intellektuellem Kapital gehe ich von einer synonymen Verwendung der Begriffe Intellektuelles Kapital, Intangible Assets, immaterielles Anlagevermögen, immaterielles Vermögen, immaterielle Werte und ähnlichen Begriffen aus.
Die verschiedenen standardisierten Rechnungslegungsvorschriften (General Accepted Accounting Principles – GAAP) geben dazu unterschiedliche Rahmenbedingungen vor. Diese Rahmenbedingungen verpflichten oder erlauben Unternehmen, gewisse Intangible Assets in der Bilanz auszuweisen.
Die identifizierbaren immateriellen Vermögenswerte können in unterschiedlicher Weise bilanziell dargestellt werden. In der internationalen Konzernrechnungslegung können auch selbsterstellte immaterielle Anlagen aktiviert werden, während dies in den nationalen Regelungen in Österreich und Deutschland durch entsprechende Regelungen im jeweils gültigen Handelsrecht nicht möglich ist. Einschränkend sei aber darauf hingewiesen, dass es nach Deutschem und Österreichischem Handelsrecht möglich ist, für den Verkauf bestimmte, selbsterstellte immaterielle Vermögenswerte unter bestimmten Voraussetzungen im Umlaufvermögen zu aktivieren.
Änderungen und Anpassungen der Bestimmungen zur weitergehenden Aktivierung von selbsterstellten immateriellen Vermögenswerten werden zwar empfohlen und untersucht, andererseits aber auch als sehr kritisch empfunden.[1] [2] Eine grundlegende Änderung in den Bilanzierungsvorschriften zur Behandlung von immateriellen Vermögenswerten ist jedenfalls nicht absehbar.
Nicht identifizierbare selbst erstellte immaterielle Werte dürfen in keinem der beschriebenen Normensystemen bilanziert werden. „Die von den Unternehmen für das Schaffen und Erhalten beispielsweise der Organisation eines Unternehmens, seiner besonderen Fertigungs- und Verfahrenstechniken, des Vertriebsnetzes, der Kundenbeziehungen usw. getätigten hohen Aufwendungen sind somit als Aufwand der Periode zu behandeln.“[3]
Anders ausgedrückt, wird ein großer Teil des Human-, Struktur- und Beziehungskapitals, also des Intellektuellen Kapitals, nicht bilanziell dargestellt.
Als mögliche Alternative bleibt die Darstellung des Intellektuellen Kapitals im Anhang oder im Lagebericht des Jahresabschlusses. Es gibt eine Reihe von Ansätzen, mit deren Hilfe eine Messung und Darstellung des Intellektuellen Kapitals eines Unternehmens unterstützt werden soll. Einige dieser Ansätze werden in einem weiteren Blogbeitrag behandelt.
[1] K+S AG (Stellungnahme zu E-DRS 14): S. 1
[2] Vgl. Hornung (Immaterielle Vermögenswerte): S. 36
[3] Vgl. Hornung (Immaterielle Vermögenswerte): S. 19
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